Bundespräsident trifft türkischen Präsidenten Erdogan in New York

UNO - Van der Bellen traf Erdogan: »Positive bilaterale Entwicklung«

UN-GV in New York: Bundespräsident, Bundeskanzler und Außenminister treffen zu einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Guterres zusammen und der Bundespräsident trifft den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem bilateralen Gespräch

"Dynamik aufrecht erhalten" - Bundespräsident dankte für Einsatz der Türkei als Vermittler im Ukraine-Krieg

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Mittwoch im Rahmen der UNO-Vollversammlung in New York mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammengetroffen. "Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei haben sich in diesem Jahr sehr positiv entwickelt", resümierte Van der Bellen. "Es gilt diese Dynamik aufrecht zu erhalten. Deshalb war es mir wichtig, im Rahmen meines New York-Besuchs auch den türkischen Präsidenten zu treffen."

Er habe Erdogan für seinen Einsatz gedankt, "im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine nach Lösungsansätzen zu suchen", ließ der Bundespräsident wissen. "Die aktuelle Entwicklung ist allerdings sehr ernst zu nehmen. Jetzt geht es umso mehr um internationale Geschlossenheit und Entschlossenheit."

Die Türkei pflegt sowohl zur Ukraine als auch zu Russland enge Beziehungen und sieht sich als Vermittler zwischen beiden Parteien. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hatten sich beide Kriegsparteien im Frühsommer darauf geeinigt, die Ausfuhr von Getreide aus drei blockierten, ukrainischen Häfen wieder aufzunehmen. Die Stimmung zwischen Wien und Ankara war längere Zeit frostig gewesen, insbesondere in der Außenminister- und Kanzler-Zeit von Sebastian Kurz. In den vergangenen Wochen kam es aber zu mehreren bilateralen Begegnungen, auch auf Regierungsebene.

Gemeinsame Pressekonferenz des Bundespräsidenten mit Bundeskanzler und Außenminister 

Auch wenn die Entwicklungen im Ukraine-Krieg die Themen der UNO-Versammlung beherrschen, dürfen andere Ziele wie die Bekämpfung der Klimakrise nicht aus den Augen verloren werden. Diese Forderung erhob Bundespräsident Alexander Van der Bellen in New York bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg. Nehammer warnte wegen des Ukraine-Konflikts vor einem "Weltkrieg".

Wir haben die Auswirkungen der Klimakrise in diesem Sommer erlebt.

erklärte Van der Bellen und nannte vernichtete Ernten oder gefährliche Unwetter und Überschwemmungen als Beispiele. Bei einem gemeinsamen Gespräch habe UNO-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch "rasche Schritte aus der Klima- und Nahrungsmittelkrise" gefordert, berichtete der Bundespräsident. "Ich schließe mich zu 100 Prozent an."

Van der Bellen erwähnte in diesem Zusammenhang auch, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine die Abhängigkeit Österreichs von russischem Öl und Gas aufgezeigt habe. Russlands Präsident Wladimir Putin versuche "zu erpressen", meinte der Bundespräsident und zog die Schlussfolgerung: "Wir müssen raus aus fossilen Energien und an erneuerbaren Energien und an Energieeffizienz arbeiten."

Zu der Ankündigung Putins, dass es in Russland eine Teilmobilmachung gebe, unterstrich Van der Bellen bereits früher getätigte Stellungnahmen. Das russische Regime setze mit dieser Ankündigung und der Drohung mit Nuklearwaffen und Scheinreferenden "weitere Eskalationsschritte". Der Bundespräsident ergänzte:

Ein Ende des Kriegs rückt in weite Ferne.

Er verurteile dies aufs Schärfste.

Bundeskanzler Nehammer warnte angesichts des Ukraine-Konflikts: "Wir sind nicht davor gefeit, dass daraus ein Weltkrieg werden kann." Russland versuche, in der EU Uneinigkeit und Zwietracht zu säen. Umso mehr brauche es seitens der Europäischen Union eine enge Abstimmung und "klare Botschaften". Trotz aller Widrigkeiten müsse es das Ziel sein, den Krieg mit Verhandlungen zu beenden. Österreich bemühe sich, "eine konstruktive Rolle zu spielen, damit dieser Krieg aufhört." Auch er habe bei diversen bilateralen Gesprächen - etwa mit Delegationen aus Pakistan, dem Irak oder Serbien - versucht, wichtige Themen abseits des Ukraine-Krieg anzusprechen, meinte Nehammer und nannte als Schwerpunkt insbesondere den Bereich "irreguläre Migration".

Außenminister Schallenberg konstatierte, dass der Ukraine-Krieg und all seine Folgen wie Energie- oder Nahrungsmittelkrise oder Teuerungen bei der UNO-Vollversammlung für eine "düstere Stimmung" gesorgt habe. Gerade nach den jüngsten Ankündigungen Putin gelte es aber "Nerven und Augenmaß" zu bewahren. Dass Putin diese ausgerechnet während der UNO-Session in News geäußert habe, sei "ja kein Zufall", diagnostizierte Schallenberg. Zwar scheue Putin, der nicht nach New York gekommen war, den direkten Kontakt, der russische Präsident versuche aber, von der "Seitenlinie" aus, "Angst und Nervosität" zu säen. Putin nehme eine Verlängerung des Kriegs in Kauf. Da gelte es aber auch seitens der EU "klare Kante" zu zeigen.

Rede des Bundespräsidenten beim High Level Meeting» zum Thema «Rights of Minorities"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht Südtirol in Italien, aber auch die slowenische Minderheit in Österreich, als beispielhaft für die "erfolgreiche Umsetzung von Minderheitenrechten" an. Bei einer Rede im Rahmen eines "High Level Meetings" zum Thema "Rights of Minorities" bei der UN-Vollversammlung in New York betonte Van der Bellen am Mittwoch, dass "Förderung und Schutz von Minderheitenrechten" zur politischen und sozialen Stabilität von Staaten beitragen würden.

Van der Bellen bezeichnete dies als die "positive Seite der Minderheitenrechte". In der vor 30 Jahren verabschiedeten "Erklärung über die Rechte von Personen, die einer Gruppe nationaler, ethnischer, religiöser oder sprachlicher Zugehörigkeit angehören", an die am Mittwoch im UN Head Quarter am Hudson River erinnert wurde, erzählte Van der Bellen, er könne aus persönlicher Erfahrung bestätigen, dass positiv gelebte Minderheitenrechte "auch zur Stärkung der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Völkern und Staaten beitragen können".

"Als Tiroler mit der Geschichte der deutschsprachigen Minderheit in Südtirol in Italien im Hinterkopf, liegen mir Minderheitenfragen seit jeher am Herzen", betonte der Bundespräsident. "Nach einer langen und schwierigen Geschichte ist die Autonomie Südtirols heute ein Vorbild für die erfolgreiche Umsetzung von Minderheitenrechten", erinnerte Van der Bellen an die entsprechenden Entwicklungen seit dem Ersten Weltkrieg.

Vor zwei Jahren habe er sich als Bundespräsident bei den Angehörigen der slowenischsprachigen Minderheit für das erlittene Unrecht und für die Versäumnisse der Vergangenheit entschuldigt, erinnerte Van der Bellen. "Denn ich bin überzeugt: Wir müssen uns unserer Geschichte und unseren Fehlern der Vergangenheit stellen, um heute und in Zukunft voranzukommen. Diese beiden Minderheiten, die früher, wie so oft, der Zankapfel zwischen den Nachbarländern waren, haben mittlerweile eine Brückenfunktion übernommen, die Österreich mit seinen Nachbarn in besonderer Weise verbindet."
Diese Ergebnisse seien in jeder Hinsicht positiv, freute sich der Bundespräsident. Deshalb lege Österreich auch ein besonderes Augenmerk auf den Unterricht in den Minderheitensprachen. "In den zweisprachigen Schulen in Kärnten lernen österreichische Kinder der slowenischen Minderheit mit ihren deutschsprachigen Nachbarn und mit Kindern aus Slowenien. Sie lernen gemeinsam. Und sie lernen von einander. Das macht mich zuversichtlich. Durch sie wächst die Welt näher zusammen, wird friedlicher. So stelle ich mir unsere Zukunft vor!"

In vielen Ländern gebe es noch erhebliche Lücken beim Schutz der Minderheitenrechte. "Weltweit hat sich die Zahl der gewaltsamen Konflikte in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht - in der überwiegenden Mehrheit mit ethnischer, religiöser, kultureller oder sprachlicher Begründung", bedauerte Van der Bellen und unterstrich in diesem Konnex einmal mehr: "Österreich verurteilt auf das Schärfste den illegalen und unprovozierten brutalen Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt, einschließlich der Instrumentalisierung von Minderheitenfragen."

 

New York: Treffen mit UN-Generalsekretär Guterres und türkischem Präsidenten Erdogan
New York: Treffen mit UN-Generalsekretär Guterres und türkischem Präsidenten Erdogan

Fotos: Peter Lechner/HBF