Stellungnahme von Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Stellungnahme anlässlich einer Mitteilung des VfGH

Um das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 3. März 2021 umzusetzen, wird der Bundespräsident morgen Donnerstag dessen Durchsetzung anordnen. Mit der Umsetzung dieser Aufgabe beauftragt er das Straflandesgericht Wien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wie Ihnen allen bekannt ist, wurde am 3. März dieses Jahres
ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes veröffentlicht, 
in dem der Finanzminister zur Vorlage bestimmter Akten verpflichtet wird. 
Akten, die für die Arbeit des sogenannten Ibiza-Untersuchungsausschusses relevant sind.

Zum damaligen Zeitpunkt hat der Finanzminister die Akten nicht vorgelegt.

Daraufhin hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. Mai
die Exekution, das heißt die Durchsetzung dieses Erkenntnisses bei mir beantragt.

Der Bundesminister für Finanzen hat daraufhin dem Untersuchungsausschuss 
Akten in unterschiedlichen Schritten und Formaten geliefert und erklärt, er habe nun die geforderten Unterlagen vollständig vorgelegt. 

Die letzte Lieferung mW. ist am 16. Juni 2021 erfolgt. 

Mitglieder des Untersuchungsausschusses haben demgegenüber am 18. Juni 2021 
ein mit 17. Juni 2021 datiertes Schreiben an mich gerichtet, demzufolge – ich zitiere – 
„die Vorlage von Akten und Unterlagen durch den Bundesminister für Finanzen 
an den Untersuchungsausschuss weiterhin unvollständig“ sei.

Kurz gesagt: 
Die einen sagen so, 
die anderen sagen so.

Der Finanzminister sagt also, die Unterlagen seien vollständig.
Mitglieder des Untersuchungsausschusses sagen, sie seien unvollständig.

Ich habe daraufhin am vergangenen Freitag (18.6.)den VfGH ersucht, 
mir mitzuteilen, ob er seinen Antrag vom 5. Mai 2021 aufrechterhält.
Die Sachlage hat sich ja seit Mai etliche Male geändert.

Der VfGH informiert nun heute, dass es am Bundespräsidenten liegt, 
weitere Schritte zu setzen, „um den vom Spruch des Erkenntnisses vom 3. März 2021 
verlangten Zustand herzustellen“.

Kommt jeder so weit mit?
Kennt sich noch jede und jeder aus?

 

Die Österreicherinnen und Österreicher erwarten sich, dass die Verfassung eingehalten wird, die Institutionen der Republik vollumfänglich arbeiten und für uns alle dieselben Regeln gelten. 


Meine Damen und Herren!

Ich bin kein Hellseher. Ich kann nicht beurteilen, ob sämtliche Unterlagen vollständig und rechtskonform geliefert wurden. 
Aber ich werde die in der Verfassung für einen solchen Fall vorgesehenen Schritte umsetzen.

Es geht um kein Strafverfahren. Es geht darum sicherzustellen, 
dass alle Informationen dem Untersuchungsausschuss für seine Arbeit zur Verfügung stehen.

Um das Erkenntnis des VfGH vom 3. März 2021 umzusetzen, werde ich morgen dessen Durchsetzung anordnen.

Ich beauftrage das aus meiner Sicht am besten geeignete Gericht mit der Umsetzung dieser Aufgabe: 
das Straflandesgericht Wien. Ich betone aber nochmals: Es handelt sich nicht um eine Strafverfahren, es handelt sich um eine Art Informationssicherungsverfahren.

Wir betreten wieder Neuland.
Die Österreicherinnen und Österreicher erwarten sich, dass die Verfassung eingehalten wird, 
die Institutionen der Republik vollumfänglich arbeiten und für uns alle dieselben Regeln gelten. 

Und das tun sie. 
Und das werde ich immer sicherstellen.
Ohne Wenn und Aber.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.