Trilaterales Präsidententreffen in Kroatien

Trilaterales Präsidententreffen: Forderung nach EU-Kandidatenstatus für Bosnien

Bundespräsident Alexander Van der Bellen traf seine Amtskollegen aus Kroatien und Slowenien.

Der Krieg in der Ukraine und die europäische Perspektive der Westbalkanländer standen am Freitag im Mittelpunkt des Treffens der Staatsoberhäupter Österreichs, Kroatiens und Sloweniens auf den Brioni-Inseln in Kroatien. Die Staatschefs demonstrierten Einigkeit in der Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine, aber zugleich auch Machtlosigkeit, Lösungen für eine baldige Beendigung des Krieges zu finden.

"Der Krieg wütet heute seit 100 Tagen und wir hoffen alle, dass es keine 100 Tage weitergeht. Wir wissen aber nicht, wie wir das beschleunigen können", sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen beiden Amtskollegen, Borut Pahor und Zoran Milanovic. Die drei Präsidenten hätten die Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der Ukraine und Sanktionen gegen Russland besprochen, sagte Alexander Van der Bellen und fügte hinzu, dass die EU-Staaten bisher bei den Sanktionen "bemerkenswerte Einigkeit" gezeigt hätten. "Es ist wichtig, auch gegenüber dem Aggressor, dass wir uns in dieser Situation nicht auseinanderdividieren lassen in der Europäischen Union", betonte er.

"Wir verurteilen die russische Aggression, aber alles andere ist nicht in unseren Händen", sagte der Gastgeber des heurigen Jahrestreffens, Kroatiens Präsident Milanovic. "Wir können nichts verändern, nur hoffen, dass der Krieg so bald wie möglich enden wird", sagte er. Sein slowenischer Amtskollege Pahor sieht derzeit "keine Möglichkeit, einen Weg für eine diplomatische Lösung des Konflikts zu finden. Zumindest nicht in diesem Moment", sagte Borut Pahor.

In der Kriegssituation in der Ukraine dürfe man die Länder des Westbalkans nicht aus den Augen verlieren, mahnte Bundespräsident Van der Bellen. Die EU-Beitrittsprozesse dieser Länder, die sich laut dem Bundespräsidenten zu lange hinziehen, müsse man auf eine neue Basis stellen und die EU-Erweiterungspolitik am Westbalkan neu gestalten.

In Bezug auf den schleppenden Beitrittsprozess der Westbalkan-Länder sagte er, dass man in der EU "zu sehr im Klein-Klein" verharre. "Alle sechs Länder des Westbalkans gehören in die Europäische Union", unterstrich der Bundespräsident.

Sloweniens Präsident betonte, dass er seit Jahren darauf hinweist, dass die EU-Erweiterung des Westbalkans eine geopolitische Frage sei. Das habe sich jetzt auch mit dem Krieg in der Ukraine gezeigt, sagte Borut Pahor mit Blick darauf, dass die EU-Mitgliedschaft der Ukraine bis zum Krieg nicht wirklich im Fokus stand. "Eine europäische Perspektive ist die einzige dauerhafte Zusicherung für Frieden und Sicherheit auf dem Westbalkan", betonte Präsident Pahor und mahnte, dass Verzögerungen bei der Erweiterung den Weg für nationalistische Politik freimachen könnte.

In Bezug auf Bosnien-Herzegowina setzt sich Borut Pahor dafür ein, dass das Land sofort einen Kandidatenstatus bekommen sollte und den erforderlichen Bedingungen später nachkommen könne. Die EU sollte das "im guten Glauben" machen, sagte der Präsident Sloweniens. "Bosnien-Herzegowina könnte sich somit aus dem Teufelskreis ohne jeglichen Fortschritt und ohne Status lösen", zeigte sich Borut Pahor überzeugt. Alexander Van der Bellen begrüßte Pahors Initiative. "Wir müssen auf neue Ideen kommen, wie wir die Annäherung an die EU beschleunigen, sonst greift dort Frustration nicht nur bei den Politikern, sondern auch bei der betroffenen Bevölkerung um sich. Das dann wieder zu korrigieren, wird noch schwerer sein", mahnte der Bundespräsident.

"Ich spreche seit Jahren darüber - der Westbalkan, insbesondere aber Bosnien-Herzegowina, gerät aus dem Fokus", betonte auch der kroatische Präsident und kritisierte, dass die Mehrheit der EU-Staats- und Regierungschefs "keine Ahnung" über die Region habe. Die Aufgabe der kroatischen Diplomatie liege darin, auf die Probleme hinzuweisen, sagte Milanovic.

In diesem Zusammenhang verteidigte er seine Position, mit der er immer wieder für Aufsehen sorgt, etwa mit seiner Forderung nach einer Blockade des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland, bis das Problem mit der Wahlreform in Bosnien gelöst ist. "Alles, was ich mache, hat ein klares Ziel. Nicht jemandem zu trotzen, zum Beispiel Schweden und Finnland, sondern jenen zu helfen, die auf keine andere Weise Hilfe bekommen können", sagte er. "Unwissenheit und mangelndes Interesse bei denjenigen, die einen Unterschied machen können, schmerzt mich", so Zoran Milanovic.

 

Informelles Treffen der Staatsoberhäupter von Kroatien, Slowenien und Österreich 3. Juni 2022
Informelles Treffen der Staatsoberhäupter von Kroatien, Slowenien und Österreich 3. Juni 2022

Fotos: Carina Karlovits/HBF