ffizieller Besuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Bundesrepublik Deutschland

Van der Bellen in Berlin: »Muss Gesprächsbasis mit Putin geben«

Offizieller Besuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und von Doris Schmidauer in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. bis 11. März 2022

 
 

Bundespräsident Alexander Van der Bellen begrüßt es, dass der deutsche Bundeskanzler immer noch versucht, den Kontakt zum russischen Präsidenten zu halten. Unmittelbar vor seinem Termin hatte Olaf Scholz ein längeres Telefonat mit Wladimir Putin geführt. "Scholz ist offenbar willens, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Das finde ich richtig", sagte Van der Bellen am Mittwoch österreichischen Korrespondenten in Berlin. Er sei nicht der Einzige, der Putin "nicht wieder erkennt".

"Olaf Scholz sagt mit Recht: Was immer auch passiert, wir müssen irgendwie versuchen, mit den Nachbarn in Kontakt zu bleiben", betonte der Präsident. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mache das, US-Präsident Joe Biden jedoch schon länger nicht mehr. "Wie immer dieser Krieg ausgeht - wenn Putin noch da ist, muss es irgendeine Gesprächsbasis geben. Das ist schwer genug. Ob es was nützt, wissen wir nicht. Aber den Versuch ist es wert", sagte Van der Bellen.

"Im Wesentlichen rätseln wir alle", stellte er fest. "Man hat Putin doch für einen kühl kalkulierenden Machtpolitiker gehalten. Aber worauf soll das jetzt hinauslaufen? Diese Art von Kriegsführung gegen einen Nachbarn, der sich noch dazu bitter wehrt, würde ja eine Niederlage nicht akzeptieren. Das kann Jahre dauern, schlimmstenfalls Jahrzehnte."

Van der Bellen sagte: "Auch Persönlichkeiten, die Putin über die Jahre viel besser kennengelernt haben, rätseln: Woher kommt plötzlich das Imperiale?" Das Töten in diesem entsetzlichen Krieg müsse so schnell wie möglich beendet werden. "Und alles, was wir dazu beitragen können, werden wir tun. Aber es ist immer noch Russland! Und das ist mehr als Putin."

Der Bundespräsident kritisierte aktuelle Tendenzen im Westen: "Ich finde es falsch, was jetzt passiert, nämlich die Nichteinladung von Leuten aus der Kultur, der Musik, der Literatur, von der Wissenschaft ganz zu schweigen." Ausnehmen wolle er nur Personen, die sich ausdrücklich für Putin und für den Krieg aussprechen. "Das ist eine Kollektivhaftung für jemanden, den wir nicht verstehen."

Die neue Position der deutschen Regierung, mit einem Sonderprogramm von 100 Milliarden Euro aufzurüsten, sei zwar bedauerlich, aber aus der Situation heraus gleichzeitig begreiflich, sagte Van der Bellen nach seinen Gesprächen mit Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Christian Lindner.

"Die 100 Milliarden sollten uns nicht so beeindrucken", meinte Van der Bellen. Das werde Jahre dauern. Je nach Projekt, je nach Auftragslage werde dieses Sondervermögen über Kreditaufnahme finanziert, und das werde sich wohl über zehn Jahre hinziehen. Diesen Eindruck über die finanzielle Struktur habe er beim Gespräch mit dem deutschen Finanzminister gewonnen.

Offizieller Besuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und von Doris Schmidauer in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. bis 11. März 2022

Mittwoch, 9. März

17.00 Uhr:       Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (Bundeskanzleramt/Berlin)

18.15 Uhr:       Gespräch mit Finanzminister Christian Lindner (Bundesministerium für Finanzen/Berlin)

 

Donnerstag, 10. März

16:00 Uhr        Gespräch mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz/Berlin)

 

Freitag, 11. März

10.20 Uhr:       Begrüßung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Schloss Bellevue/Berlin)

10.30 Uhr:       Eröffnung des Symposiums „Zur Zukunft der Demokratie – Wie stärken wir die Republik?“/Rede (Schloss Bellevue/Berlin)

14.30 Uhr:       Arbeitsgespräch der beiden Staatsoberhäupter (Schloss Bellevue)

Offizieller Besuch des Bundespräsidenten in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. bis 11. März 2022
Offizieller Besuch des Bundespräsidenten in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. bis 11. März 2022

Fotos: Peter Lechner/HBF