»Miteinander arbeiten ist letztlich immer besser als gegeneinander.«

Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen anlässlich der Auftaktveranstaltung zur Übernahme der EUSALP-Präsidentschaft 2018 durch das Bundesland Tirol.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann von Südtirol!

Sehr geehrter Herr Sonderberater der Regionalkommission der Europäischen Union!

Meine Damen und Herren!

Vor allem: Liebe junge Gäste!

Ich möchte Sie besonders herzlich begrüßen!

 

Als erstes möchte ich sehr herzlich danken für die Einladung und für den sehr ehrenvollen Empfang, den man mir bereitet hat. Es freut mich sehr, hier in Tirol zu sein.

Danken möchte ich auch für die interessant gestaltete Auftaktveranstaltung. Es wurde heute ein wirklich beeindruckendes Arbeitsprogramm für die EUSALP-Präsidentschaft vorgestellt.

Besonders interessant fand ichdie Diskussionsrunde mit den jungen Leuten aus Tirol, aus Südtirol, und aus dem Trentino.

 

Meine Damen und Herren!

Vielleicht sind Sie nach den vielen Diskussionen, Inputs und Vorträgen

schon etwas ermattet. Daher möchte ich mich als Schlussredner kurzfassen:

Ich bin heute aus Wien angereist. Aber ich bin ja auch Tiroler, Kaunertaler.

Aus dieser persönlichen Verbundenheit heraus freue ich mich über die zentrale Rolle, die das Land Tirol in den nächsten Wochen und Monaten einnehmen wird, um die EUSALP ein gutes Stück vorwärts zu bringen.

Tirol wird seine Präsidentschaft 2018 sicherlich mit sehr viel Elan und Gestaltungskraft ausfüllen.

Das hat einerseits mit Österreichs und Tirols großer Erfahrung in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu tun. Das hat – davon bin ich ebenfalls überzeugt - aber auch mit der Tiroler Mentalität zu tun. Ich werde noch darauf zurückkommen.

Schon seit Langem setzt sich Österreich für grenzübergreifende Zusammenarbeit ein - auch und ganz besonders auf regionaler Ebene.

Wir haben dafür die besten Voraussetzungen: Unser Land liegt im Zentrum Europas und ist damit sozusagen „naturgemäß“ ein wichtiger Teil besonders vieler grenzüberschreitender Zusammenschlüsse, wie etwa die Alpen- und die Donauraumstrategie.

Als Mitglieder dieser beiden wichtigen makroregionalen Strategien haben wir unsere Schlüsselrolle als Verbindung zwischen West- und Osteuropa, zwischen Nord- und Südeuropa deutlich gemacht.

Was die vorhin erwähnte Tiroler Mentalität betrifft, so scheint sie mir besonders hilfreich zu sein bei der Bewältigung der Aufgaben einer EUSALP-Präsidentschaft:

Man sagt ja immer, die Tiroler haben eine „Mehrfachidentität“. Ich selbst bin, wie gesagt, im Kaunertal aufgewachsen. Aber da gibt es noch so viele andere Täler:  das Zillertal, das Paznauntal, das Lechtal, dasStubaital, das Pustertal in Südtirol usw. usw.

Und jeder dort hat sein ganz eigenes Lebensgefühl, seine Einstellungen, seine Mentalität, seine Wünsche und sogar seine eigene Sprache.

Landeshauptmann Platter hat seinen eigenen Akzent. Ich habe meinen eigenen Akzent. Wenn ich Tirolerisch rede, dann verstehen’s mich im Kaunertal. Aber sonst? Und trotzdem kommen wird gut miteinander aus.

Was ich Ihnen damit sagen will: In Tirol muss man schon früh lernen, dass die Welt ganz bunt ist und vielfältig und dass alle Menschen und Regionen so ihre Eigenheiten haben.

Aber die Tirolerinnen und Tiroler wissen auch eines ganz genau: Miteinander arbeiten ist letztlich immer besser als gegeneinander. Bei allen Gegensätzen und Differenzen.

Es ist mir wichtig, dieses Wort „Miteinander“ immer wieder hervorzuheben:

Es gibt innerhalb der Europäischen Union viele sinnhafte und zielführende Bemühungen, das europäische Einigungswerk weiterzuentwickeln. Vor allem auch in jenen Räumen, die auf „natürliche Weise“ zusammengehören, wie eben die Alpenregion, wie eben die Initiative EUSALP.

Europa hat erkannt, dass es wichtig und richtig ist, die Berge als Natur- und Kulturraum zu erhalten. Aber auch als Lebens- und Wirtschaftsraum für die hier ansässigen Menschen, die sich dann auch selbst gerne einsetzen für eine gute Zukunft. Ihre Zukunft.

Die Europäische Union insgesamt wird dadurch auch viel positiver erfahren: zugänglicher, fühlbarerer, erkennbarer und täglich erlebbar.

Eine Makroregion bietet darüber hinaus die bessere Chance, gemeinsame Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Die Auswirkungen des Klimawandels zum Beispiel.

Sie machen nicht an Grenzen halt, sie betreffen alle Alpenländer gleichermaßen und können nur gemeinsam gemeistert werden. Gerade wir hier in den Alpen erleben immer mehr und immer heftiger die Auswirkungen der Änderungen im Weltklima.

 

Meine Damen und Herren!

Die gemeinsam gelebte Makroregion kann uns auch davor bewahren, in bereits überwunden geglaubten Nationalismus zurückzufallen.

Heuer vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg, Folge eines grassierenden Nationalismus in Europa. Die kriegerischen Auseinandersetzungen wurden gerade in den Alpen mit unvorstellbar brutalen Zerstörungen an Mensch und Natur geführt.

100 Jahre später sind wir hier, um ein Projekt zu gestalten, in dem alle Alpenregionen und –staaten über genau diese Grenzen hinweg friedlich und kreativ zusammenarbeiten.

Dieses Beispiel allein zeigt, wie weit wir im europäischen Einigungsprojekt gekommen sind.

Die Europäische Integration ist nach wie vor das erfolgreichste Friedensprojekt in der Welt. Manche meinen ja, die EU habe dennoch ihre Zukunft schon hinter sich. Sie sehen Europa unübersehbar am absteigenden Ast.

Ich sehe das nicht so. Viele andere, maßgebliche Kräfte in Europa sehen das auch nicht so. EUSALP ist ein gutes Beispiel dafür:

Durch die Einbindung des Alpenvorlandes mit den großen Metropolen –

Stuttgart, München, Wien, Mailand, Turin, Lyon und Grenoble – ist EUSALP kein Mittel zur Abgrenzung, sondern der Öffnung, des Miteinanders, der Freundschaft und der Verbundenheit, um gemeinsame Herausforderungen einvernehmlich noch besser zu bewältigen.

Wenn das kein Erfolg ist!

Ich bin ja Volkswirtschaftler, wie Sie wissen. Aber ich glaube, wir brauchen keine großen Theorien hier auszubreiten, um eines noch mal ganz klar zu sehen:

Miteinander ist besser als gegeneinander!

Was man in Tirol sowieso schon lange weiß. In diesem Sinn:

Alles Gute für Tirol und für die EUSALP-Präsidentschaft!

Danke.