Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen

»Es liegt in unserer Natur«

Rede von Alexander Van der Bellen beim 5. Austria World Summit in Wien.

Excellencies,

Ladies and Gentlemen,

Dear friends, here in the Spanish Riding School,

dear audience watching around the world,

my friend and climate action hero, Arnold!

 

Welcome to Vienna!

 

Last year, this room was halfway filled with people –  and halfway filled with trees, which were designed as “spacers” to keep the distance. This year, I am happy to see so many faces. And still, we have wonderful plants and flowers decorating this room. My special thanks goes to the City of Vienna  and the “Wiener Stadtgärten”.

We have come a long way since the COVID-19 pandemic started in Mach 2020. Seeing people became something special. So, thank you for being here!

Please allow me to switch to German now.

 

Meine Damen und Herren!

Auch, wenn man das normalerweise erst zum Schluss macht –  ich beginne diesmal gleich mit dem Plot Twist: Denn ich möchte nun nicht gleich über das Klima sprechen. Wir alle in diesem Raum wissen, wie es um unseren Planeten steht. Und wie dringend es ist, etwas zu tun. Ich will Sie stattdessen einladen, eine andere Perspektive einzunehmen: Ich will über uns sprechen.

Über die, die wir in diesem Raum sind, die, die heute früh ihre Kinder in die Schule gebracht haben, die gerade arbeiten, lernen, reisen, die gerade grübeln, lachen, diskutieren – oder mit ihrem Hund Gassi gehen.

Ich will über uns Menschen sprechen.

Ganz nach dem Motto des diesjährigen Summit: „Healthy planet, healthy people“. Dieser Satz bringt es auf den Punkt: Alles, was wir Menschen machen, wirkt sich auf unseren Planeten aus –  und die Gesundheit unseres Planeten wirkt sich wiederum auf uns aus. Die Bilanz ist schlimm: Unsere ungebremste Nutzung fossiler Brennstoffe hat unseren Planeten krankgemacht. Unser rücksichtsloser Umgang mit Tieren, Pflanzen und Ressourcen  hat unseren Planeten krankgemacht.

Wir haben viele Fehler gemacht.

Dieser Wahrheit müssen wir Menschen uns stellen. Wir sind dafür verantwortlich, ob wir von einem „healthy planet“ reden können – oder nicht.

 

Doch die gute Nachricht ist, dass wir Menschen aus Fehlern lernen können. Dass wir uns weiterentwickeln können. Das ist uns angeboren. Schaut man sich unsere Geschichte an –  die Geschichte allen Lebens – ist es eigentlich unglaublich. Eine Wolke aus Staub und Gas, die sich formt. Ein Einzeller, der sich teilt. Ein Fisch, der mit seinen Flossen an Land kriecht. Ein Tier, das mit einem Stein eine Nuss knackt.  Ein Mensch, der aufrecht geht – der spricht und denkt und fühlt.

Diese stetige Weiterentwicklung steckt immer noch in uns allen. Wir suchen nach alternativen Energieträgern. Wir erforschen neue Transportwege. Wir entdecken neue, nachhaltige Materialien. Wir finden ganz neue Arten, miteinander zu kommunizieren, wenn wir uns nicht von Angesicht zu Angesicht treffen können. Und wir werden uns auch weiterentwickeln, um die Klimakrise zu überwinden. Nicht nur, weil es einfach Teil unserer DNA ist, weil es also unser Überleben sichert, sondern weil uns unser Zuhause am Herzen liegt.

Niemand wünscht sich eine dunkelgraue Welt, eine Dystopie mit Hitzewellen und Naturkatastrophen,  Dürre und Trinkwasserknappheit. Ich für meinen Teil wünsche mir eine Welt, in der es noch Wiesen, Moore und Wälder gibt, quakende Frösche, bunte Schmetterlinge, summende Bienen,  also eine Welt reich an Arten und an Ressourcen. Eine Welt, in der „größer, weiter, besser“ nicht nur im Sinne von wachsendem Profit verstanden wird, sondern im Sinne von unendlich vielen Lösungsvorschlägen und Ideen.

Mit Menschen, die diese Welt nicht nur für sich selbst bewirtschaften, sondern auch ihre für Kinder und Enkelkinder. Und mit einem Verständnis dafür, dass wir Teil eines größeren Systems sind, mit dem wir im Gleichgewicht sein müssen.

 

Wie erreichen wir eine solche Welt?

Ganz einfach: Wir gehen den Weg dorthin,  auch wenn da einige Steine liegen, die wir erst wegräumen müssen. Schritt für Schritt. Die ersten Schritte sind ja bereits getan, mit dem Klimaabkommen von Paris, dem European-Green Deal, unzähligen Initiativen, die im Gange sind, unterschiedlichsten Maßnahmen, die verfolgt werden und vielen Menschen,  die sich dem Kampf gegen die Klimakrise anschließen.

Greta Thunberg hat mit den Fridays for Future  eine weltweite Bewegung in Gang gesetzt. US-Präsident Joe Biden ist dem Pariser Klima-Abkommen  wieder beigetreten.

Und du, lieber Arnold Schwarzenegger, wirst nicht müde, Initiative um Initiative  aus dem Boden zu stampfen, Menschen zusammenzutrommeln  und wichtige Aufklärungsarbeit zu leisten. Ich bin dir dafür sehr dankbar!

Wir müssen weiter fest an einem Strang ziehen.  viele Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt, gefordert ist vor allem die Politik. Ja, es gibt viel zu tun. Aber die Liebe zu unserem Planeten, sowie die Liebe zu uns selbst,  zu unseren Kindern und Enkeln, die Suche nach nachhaltigen Lösungen, das immerwährende Streben nach Neuem und das aktive Mitgestalten unserer Welt – All das ist uns in die Wiege gelegt.

Es liegt in unserer Natur.

Und deshalb habe ich ein Urvertrauen in uns Menschen, dass wir das schaffen.

Danke.

5. Austrian World Summit unter dem Ehrenschutz des Bundespräsidenten 1. Juli 2021
5. Austrian World Summit unter dem Ehrenschutz des Bundespräsidenten 1. Juli 2021

Fotos: Carina Karlovits/HBF