Bundespräsident Alexander Van der Bellen traf seine energiepolitischen Berater:innen, Angela Köppl und Wolfgang Anzengruber, für ein Lage-Update in der Präsidentschaftskanzlei.

"Wir werden gut durch diesen Winter kommen, brauchen aber einen Plan für den Winter 2024«

Bundespräsident Alexander Van der Bellen traf seine energiepolitischen Berater:innen, Wolfgang Anzengruber und Angela Köppl, zum Lage-Update.

Am Mittwoch hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit seinen energie- und wirtschaftspolitischen Berater:innen, Wolfgang Anzengruber und Angela Köppl, die aktuelle Lage auf den österreichischen und europäischen Energiemärkten besprochen. Die zu erwartende Energiepreis-Entwicklung für Haushalte und Betriebe und der Füllstand der Gasspeicher waren zwei wichtige Themen.

„Sorgen bezüglich der Versorgungssicherheit muss sich aus heutiger Sicht für diesen Winter, sollte er nicht außergewöhnlich streng werden, niemand machen. Die Belastung infolge der erheblich gestiegenen Energiekosten bleibt jedoch bestehen “, betonten beide Expert:innen bei dem Gespräch. „EU-weit und in Österreich sind die Gasspeicher zu mehr als 95 Prozent gefüllt. Zudem erleben wir bislang einen recht milden Winter“, erklärte Wolfgang Anzengruber. Darüber hinaus belegt die Statistik, dass sowohl Industrie und Unternehmen als auch Haushalte in den vergangenen Wochen deutlich weniger Energie nachgefragt haben.

„Aus diesen Entwicklungen, sagen mir meine Berater:innen, lässt sich schließen, dass wir gut durch diesen Winter kommen werden – für Industrie, Unternehmen und Privathaushalte ist die Versorgungssicherheit gegeben“, berichtete Alexander Van der Bellen vom Austausch mit den Expert:innen. Dieser Winter sei weniger das Problem, betonte der Bundespräsident, der nächste könne aber eines werden: „Wie sieht es ab dem Frühjahr 2023 aus und was passiert im Winter 2024? Hier gibt es noch viele Unsicherheiten und genau deshalb sollte von der Politik zügig an diesen Fragen gearbeitet werden."

Und ich wünsche mir bei den Themen Energiepreise und Energiesicherheit weiter Klartext, damit die Bevölkerung weiß, was auf sie zukommt.

Tatsächlich werde die Energiekrise möglicherweise noch Jahre andauern, erklärte Wolfgang Anzengruber. Und: Es sei durchaus möglich, dass wir es etwa im Winter 2024 mit wesentlich niedrigeren Temperaturen zu tun haben oder weniger bis kein Gas mehr aus Russland komme: „In diesen Fällen wäre zu erwarten, dass die Gaspreise im nächsten Jahr noch einmal stark steigen. Das hätte wiederum Auswirkungen auf die Inflation und würde die Bevölkerung unter Druck bringen.“ Hier hätte der Staat gar keine andere Wahl, so Wolfgang Anzengruber, als die Teuerung durch weitere Maßnahmen abzudämpfen, wichtig sie dabei die Treffsicherheit.

Angela Köppl ergänzt: „Die Versorgungssicherheit mag in diesem Winter gegeben sein, aber das ändert nichts daran, dass sich die Lage in den Energierechnungen der Haushalte niederschlägt. Der effiziente und sparsame Umgang mit Energie muss also weiterhin Priorität haben. Eine langfristige Kostenreduktion ist eng mit einem geringeren Energiebedarf verbunden. Hier müssen mehr Anreize geschaffen werden.“ Und die Menschen, so Angela Köppl, müssten sich darauf einstellen, dass Energie vermutlich nicht mehr so billig sein wird, wie sie einmal war.

Bundespräsident Van der Bellen: „Es wird unsere Aufgabe sein, einer Spaltung der Gesellschaft, die aufgrund der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine droht, mit allen Mitteln entgegen zu wirken. Dazu sind jetzt, aus meiner Sicht, zwei Dinge notwendig: Wir müssen so ehrlich sein, zu sagen, auch die kommenden paar Jahre werden für uns als Gemeinschaft noch herausfordernd, wir müssen deshalb umso stärker zusammenhalten und dürfen niemanden zurücklassen. Zweitens, ist Optimismus angesagt. Gemeinsam können wir es schaffen, vieles neu und besser zu gestalten. Neben einem bewussteren Umgang mit Energie müssen wir alles daransetzen, so rasch als möglich von fossilen Energien auf erneuerbare Energien umzusteigen.“  

Das sieht auch Angela Köppl so: „Wir legen einen großen Teil unserer Aufmerksamkeit aktuell auf die Versorgungssicherheit mit fossiler Energie. Mindestens genauso viel Aufmerksamkeit sollten wir, meiner Ansicht nach, aber darauf lenken, die Transformation auf erneuerbare Energien zu beschleunigen. Hier waren wir in der Vergangenheit zu langsam unterwegs.“

Auf EU-Ebene sollte indes – als mittelfristige Maßnahme - rasch eine Reform der Preisbildung, also des Merit-Order-Systems in die Wege geleitet werden, sagte Wolfgang Anzengruber: „Denn unterschiedliche Stromerzeugungstechnologien in einen Topf zu werfen, funktioniert schlicht nicht mehr.“

Lagebesprechung mit den energiepolitischen Beratern 30. November 2022
Lagebesprechung mit den energiepolitischen Beratern 30. November 2022

Fotos: Peter Lechner/HBF